Wüssten Sie im Ernstfall, wie Sie sich während einer Hausdurchsuchung verhalten sollen?
Es ist 6.00 Uhr morgens. Möglicherweise liegen Sie noch im Bett oder sind gerade erst aufgestanden. Plötzlich klingelt es an der Haustür: Ermittlungsbeamte der Staatsanwaltschaft sind im Rahmen eines Strafverfahrens vor Ort, um bei Ihnen eine Hausdurchsuchung durchzuführen. Verständlicherweise fühlen sich viele Betroffene in dieser Situation überfordert, liegt doch ein schwerwiegender Eingriff in die eigene Privatsphäre vor. Neben diesen „Unannehmlichkeiten“ kann die Beschlagnahme von geschäftlichen Unterlagen oder die Durchsuchung eines Unternehmens sogar existenzbedrohende Ausmaße annehmen. Nicht selten kommt der Betrieb ganz oder teilweise zum Erliegen. Um Fehler zu vermeiden und die Folgen der Durchsuchung möglichst gering zu halten, sollten Sie daher folgende Grundregeln beachten:
I. Bleiben Sie ruhig
Bei einer Hausdurchsuchung handelt es sich um eine belastende Ausnahmesituation. Dennoch gilt: bewahren Sie unbedingt einen kühlen Kopf! Beleidigen Sie die Beamten nicht und leisten Sie ihnen auch keinen Widerstand. Im schlimmsten Fall handeln Sie sich ein weiteres Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung oder Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte nach ein. Verhindern können Sie die Durchsuchung durch derartige Verhaltensweisen sowieso nicht.
II. Machen Sie keine Aussage!
Eine der wichtigsten Regeln lautet: machen Sie keine Aussage! Geben Sie lediglich Daten zu ihrer Person an, da Sie sonst möglicherweise eine Ordnungswidrigkeit begehen. Machen Sie darüber hinaus aber weder Angaben zu Ihren sonstigen persönlichen Verhältnissen, noch zum Sachverhalt! Weder sind Sie verpflichtet, den Beamten zu erklären, was sich wo im Haus befindet, noch sind Sie zur Herausgabe von Passwörtern oder PIN-Nummern verpflichtet. Ein Schweigen darf Ihnen niemals negativ angerechnet werden. Dagegen kann eine Aussage in einem späteren Verfahren jederzeit gegen Sie verwendet werden!
Besondere Vorsicht ist bei „Smalltalks“ mit Ermittlungsbeamten geboten. Häufig sind in den harmlos erscheinenden Konversationen Fragen versteckt. Widerstehen Sie dem Drang, den Durchsuchungsbeamten bereitwillig Auskünfte zu erteilen, um die Situation aufzuklären. Lassen Sie sich auch nicht von Versprechungen wie Strafmilderungen oder sonstigen Vorteilen locken! Ermittlungsbeamte haben hierüber keine Entscheidungsbefugnis. Sofern eine Aussage in Ihrem speziellen Fall Sinn macht, kann diese nach Rücksprache mit einem Strafverteidiger auch in einem späteren Stadium des Verfahrens erfolgen.
III. Lassen Sie sich den Durchsuchungsbeschluss zeigen
Lassen Sie sich von den Beamten unbedingt den Durchsuchungsbeschluss zeigen. Erstellen Sie eine Kopie, wenn man Ihnen vor Ort keine Abschrift aushändigt. Aus dem Durchsuchungsbeschluss ergibt sich der Grund für die Ermittlungen. Auch steht dort, welche Beweismittel die Beamten suchen. Wenn Sie wissen, wonach gesucht wird, haben Sie die Wahl: Sie können den gesuchten Gegenstand herausgeben und die Durchsuchung möglicherweise zu einem schnellen Ende führen. Geben Sie die gesuchten Beweismittel nicht heraus, kann es passieren, dass die Beamten bei Ihrer Suche sog. „Zufallsfunde“ machen. Hierbei handelt es sich um Beweismittel für eine andere Straftat, von denen die Ermittler bis dato möglicherweise noch gar keine Kenntnis hatten. Zumeist ist es rechtmäßig, wenn Zufallsfunde in einem späteren Verfahren verwendet werden.
IV. Widersprechen Sie der Sicherstellung
Unabhängig davon, ob Sie den Beamten den gesuchten Gegenstand herausgeben oder nicht, gilt es eine wichtige Regel zu beachten: widersprechen Sie stets einer Sicherstellung! Dies hat zur Folge, dass die entsprechenden Gegenstände „beschlagnahmt“ werden müssen. Die Beschlagnahme erfodert einen Gerichtsbeschluss. Dieser kann nachträglich noch angefochten werden. Bei einer freiwilligen Herausgabe ist diese Chance nicht gegeben.
Wenn die Beamten Ihnen am Ende der Durchsuchung ein Formular vorlegen, kreuzen Sie auch hier an, dass Sie einer Sicherstellung widersprechen. Unterschreiben Sie nichts, selbst wenn die Durchsuchungsbeamten Sie hierzu drängen sollten. Sofern dies nicht explizit gekennzeichnet ist, dürfen die Beamten vor Ort keine Unterlagen lesen. Bestehen Sie in einem solchen Fall darauf, dass beschlagnahmte Unterlagen versiegelt werden. Sofern die Beamten dies verweigern, sollten Sie zumindest verlangen, dass ihr Wunsch nach Versiegelung im Protokoll der Durchsuchung vermerkt wird.
V. Kontaktieren Sie einen Rechtsanwalt
Wenn Sie Beschuldigter sind, haben Sie nach § 137 Abs. 1 S. 1 Strafprozessordnung (StPO) jederzeit das Recht einen Verteidiger zu konsultieren. Im Idealfall kommt der Strafverteidiger zur Durchsuchung hinzu, um die Vorgehensweise der Polizeibeamten zu beobachten und für einen rechtmäßigen Ablauf zu sorgen. Für die Beamten besteht allerdings keine Pflicht zu warten, bis der Rechtsanwalt eingetroffen ist. Ein versierter Strafverteidiger kennt die genauen Abläufe und Modalitäten einer Durchsuchung und kann so sicherstellen, dass der gesamte Vorgang ordnungsgemäß abläuft. Wichtig: entbinden Sie Ihren Strafverteidiger niemals von der Verschwiegenheitsverpflichtung!
Sollte bei Ihnen gerade eine Hausdurchsuchung stattfinden kontaktieren Sie uns. Sie erreichen die Kanzlei Haizmann & Büttner auch außerhalb der Öffnungszeiten jederzeit über unsere Notfallnummern: Michael Haizmann: +49 171 3673808, Johannes Büttner: +49 176 23522267
VI. Hinzuziehung von Durchsuchungszeugen
Nach § 105 Abs. 2 StPO besteht unter gewissen Voraussetzungen die Möglichkeit Durchsuchungszeugen hinzuzuziehen. Diese Regelung kann für den Betroffenen Vor- und Nachteile aufweisen. Auf der einen Seite ist gerade bei nicht verwandten oder fremden Personen der Vorteil gegeben, dass so unabhängige Beobachter vorhanden sind. Dadurch sind die Beamten eher gehalten, sich „an Recht und Gesetz zu halten“. Auf der anderen Seite sollten Sie stets bedenken, dass bei Hinzuziehung außenstehender Personen das Risiko steigt, dass die Hausdurchsuchung in der Gemeinde publik wird. So kann es passieren, dass ein negatives Bild auf Sie geworfen wird - selbst, wenn Sie sich nichts zu Schulden kommen lassen haben. Ob die Hinzuziehung von unabhängigen Zeugen Sinn macht muss je nach Einzelfall entschieden. Hierzu kann Sie am besten ein erfahrener Strafverteidiger beraten.
VII. Gedächtnisprotokoll anfertigen
Bereits wärend der Durchsuchung sollten Sie sich Notizen über Ihre Beobachtungen und den konkreten Ablauf machen. Zeitnah nach der Durchsuchung ist es wichtig, ein Gedächtnisprotokoll zu erstellen Dort können Sie etwaige Auffälligkeiten vermerken. Sofern Durchsuchungszeugen anwesend waren kann es hilfreich sein, wenn diese ebenfalls ein Protokoll anfertigen.